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Händler haben viele Herausforderungen zu meistern. Nicht nur gilt es die eigenen Kund*innen glücklich zu machen, stets Angebote und Produkte aktuell zu halten und nebenbei die eigene Infrastruktur zu modernisieren. Nein, es gibt darüber hinaus jedes Jahr auch eine ganze Fülle an neuen gesetzlichen Änderungen, welche die eigene Arbeit beeinflussen. Wir haben für Sie die wichtigsten Gesetze und Änderungen, die das Jahr 2022 bringen, einmal zusammengefasst!

EU DATA ACT

Schon im Februar 2020 einigte sich die Europäische Kommission auf eine gemeinsame europäische Datenstrategie, welche im Mai 2021, im Rahmen einer Folgeabschätzung, weitergedacht wurde. Darin skizzierte die EU ihre Ziele und Herausforderungen. Final soll eine faire und weitestgehend von externen Einflüssen autarke Datenstruktur für Europa entstehen. Dabei geht es vor allem darum, Unternehmen und Privatpersonen vor den Einflüssen der großen Internet-Monopolisten aus den vereinigten Staaten und China zu schützen.

Im ersten Quartal 2022 möchte die EU nun Nägel mit Köpfen machen und das Gesetz anschieben. Ein großer Baustein dieser Neuregelung ist ein Rechtsanspruch für alle Nutzer auf Zugang zu Daten und Informationen im B2B-Kontext. Denn, gerade kleine Unternehmen und Start-Ups sehen sich oft mit gewaltigen Nachteilen konfrontiert, wenn sie in Märkte eintreten, welche bereits von großen Konzernen dominiert werden. Oft scheitern sie schon an dem fehlenden Zugang zu Wissen, von dem die Platzhirsche profitieren. Doch auch für etablierte Händler kann das bedeuten, dass die Blackbox E-Commerce in Zukunft transparenter wird.

Unabhängig davon, dass der DATA ACT die Grundlage für einen wettbewerbsfähigen europäischen Markt mit Cloud-Diensten legt, sollten Unternehmen die weiteren Entwicklungen in diesem Jahr genau im Auge behalten. Was wie eine vermeintlich kleine Stellschrauben im Internetmarkt wirken könnte, hat das Potential weitreichende Veränderungen für sehr viele Märkte und Unternehmen auszulösen.

GREEN CLAIMS

Ebenfalls im ersten Quartal wird das neue EU-Gesetz, welches sich mit sogenannten „Green Claims“ beschäftigt, erwartet. Dabei geht es um Produkt- und Verpackungsangaben von Händlern, welche mit Nachhaltigkeit werben. So müssen im Rahmen der „Initiative on substantiating green claims“ Unternehmen verpflichtend nachweisen, dass ihre Versprechen zum Umwelt- und Klimaschutz auch der Wahrheit entsprechen. Fachverbände kritisieren dieses Gesetz zwar, weil es keinen umfassenden Blick auf Nachhaltigkeit wirft. Jedoch ermöglicht es Endkund*innen in Zukunft schnell und einfach Produkte und Angebote zu wählen, die nachweisbar nachhaltig sind.

Gerade der filialbasierte Einzelhandel im Omnichannel kann hier stark profitieren. Es könnten beispielsweise viele Kilometer im Last-Mile-Versand per Ship-from-Store, Click&Collect oder Click&Reserve gespart werden. Und da die EU in Zukunft vor allem auch auf die Nachhaltigkeit im Retourenprozess achten will, kann sich ein Investment in Return-in-Store nur lohnen. Nicht nur, weil es das Label der EU verspricht, sondern weil es ganz reale Nachhaltigkeit garantiert. Wie das funktioniert, erfahren Sie hier.

Recht auf Reparatur

Ein weiterer Gesetzesvorschlag der EU-Kommission treibt derzeit vor allem Hersteller und Online-Pure-Player auf die Bäume: das Recht auf Reparatur. Dieser Vorstoß der Gesetzgeber sieht vor, dass technische Produkte und Waren länger als bisher mit Originalteilen versorgt werden müssen. So könnten Kund*innen in Zukunft eine Reparatur ihres iPhones einfordern, obwohl dieses aus dem normalen Produktlebenszyklus von Apple bereits herausgefallen wäre. Für Konzerne, die inzwischen auf minimale Spaltmaße setzen und Bauteile fest verkleben, könnte dies ein reales Problem werden.

Für den etablierten Handel könnte dieses Problem jedoch eine große Chance sein. Denn, oft können schon heute Filialisten ihren Kund*innen längere Servicezeiten anbieten, als es die Hersteller oder Onlinehändler tun. Einfach, da sie von größeren Kontingenten und gesonderten Lieferverträgen profitieren. Und selbst wenn sie das nicht tun, könnte sich ein Investment in eigene Reparaturservices lohnen, um hier eine entstehende Lücke zu füllen.

Die neue Verpackungsrichtlinie und die E-Commerce-Richtlinie

Der Umweltschutz ist eines der großen Themen der EU-Kommission. Aus diesem Grund wird auch die Verpackungsrichtlinie im Paketversand in diesem Jahr noch einmal deutlich verschärft. So sollen Pakete noch nachhaltiger werden und nahezu nur noch aus wiederverwertbaren Produkten bestehen. Selbst der Einsatz eines Pfandsystems ist im Gespräch. Händler sind also gut beraten, schon heute entsprechende Vorbereitungen zu treffen.

Gleichzeitig will die Kommission die über 20 Jahre alte E-Commerce-Richtlinie angehen und überarbeiten. Diese ermöglichte für Onlinehändler bisher einen nahezu unregulierten Spielplatz, welcher in den kommenden Jahren deutlich strenger überwacht werden soll. Ziel der EU ist es, einen einheitlichen europäischen Binnenmarkt zu schaffen, welcher den EU-Rechtsvorschriften unterliegt. Was das im Detail bedeutet: Onlinehändler innerhalb der EU können darauf hoffen, dass sie und ihre Angebote in den kommenden Jahren besser geschützt werden vor dem Missbrauch Dritter. Egal ob es dabei um Marktplätze geht oder andere Händler.

Dieser sogenannte Digital Services Act geht Hand in Hand mit dem Digital Market Act, welcher für einen fairen Wettbewerb unter allen Marktteilnehmern sorgen soll. Beide Gesetzestexte sollen im Sommer 2022 ratifiziert werden.

Der Omnichannel in Gefahr?

Zwar klingen die Pläne der EU zuerst einmal gut, jedoch bringen sie auch für Omnichannel-Händler im Unified Commerce einige Hürden und Baustellen mit sich. Warum? Da die Reglementierungen alle Onlinehändler betreffen. Also auch den Online-Aspekt des Omnichannel, wie der Branchenverband Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland (BEVH) betont. Besonders problematisch sei die Tatsache, dass Drittstaaten zwar ähnliche Regelungen wie die EU hätten, diese aber bei weitem nicht so streng kontrollieren würden. Dadurch könnte sich ein Wettbewerbsnachteil für innereuropäische Unternehmen entwickeln, so der Verband.

Zudem müsste es eine barrierefreie Handelswelt zwischen offline und online geben, betont Alien Mulyk, Referentin für Public Affairs Europa & Internationales BEVH, in der Zeitschrift T3N. „Was offline erlaubt ist, muss auch online erlaubt bleiben“. Sonst würden Investitionsanreize für stationäre Händler wegfallen, die den Schritt in einen extrem regulierten Onlinemarkt fürchten.

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